Kultur & Technik

Ästhetik der
Vergänglichkeit

Decay-Fotografie von Matthias Haker

AutorInnen: Marita Raasch, Daniel Reiß, Sven Dietz, Titelfoto: Matthias Haker

Was ist HDR-Fotografie?

Der Dynamikumfang des menschlichen Auges ist deutlich größer als der eines digitalen Sensors. HDR (High Dynamic Range; hoher Dynamikumfang) bietet dem Fotografen nun den Vorteil, dass Motive mit großem Kontrastumfang zwischen hellen und dunkleren Bereichen in einem einzigen Bild eingefangen werden können. Hohe Kontraste dieser Art führen üblicherweise zu einer Aufnahme, die entweder so belichtet wird, dass die helleren Bereiche optimal erfasst werden und damit Details in den dunkleren Bereichen verloren gehen oder umgekehrt. Durch die Verbindung einer Reihe unterschiedlich belichteter Bilder enthält die endgültige HDR-Aufnahme alle Informationen sowohl aus den helleren als auch dunkleren Bildbereichen und verdichtet diese zu einem einzigen Bild mit einem erheblich größeren Dynamikumfang.

  • Hallway
    Foto: Matthias Haker
  • Fallen
    Foto: Matthias Haker
  • The Last Prayer
    Foto: Matthias Haker

Interview

DMT | Matthias Haker
Foto: Matthias Haker

In der Decay-Fotografie werden ver­fallene Gebäude ästhetisch in Szene gesetzt. Matthias Haker ist zur Zeit ­einer der Top-Newcomer im Bereich der digitalen Decay-Fotografie. Er arbeitet und studiert in Dresden. Für Aufträge reist er mittlerweile um die ganze Welt.

Wie bist du denn speziell auf die Decay-Fotografie gekommen?

Haker: Zum allerersten Mal bin ich nach Belitz-Heilstätten gefahren, weil ich sehr viel darüber gehört habe. Als ich dann dort ankam, war ich total geflasht von der Ästhetik der verfallenden Strukturen im Zusammenspiel von Farbe und Architektur. Die erhabene und stille Atmosphäre, die diese Orte ausstrahlen, faszinieren mich einfach. Die Vergangenheit solcher Orte fesselt mich.


Viele der Locations sind ja verlassene Anwesen, der Zutritt wird sicher nicht immer über den legalen Weg möglich sein?
Haker: Man versucht natürlich sich legalen Zutritt zu verschaffen, aber oft kann man den Besitzer einfach nicht ausfindig machen. Dann muss man halt mal durch den zweiten Stock in das Anwesen klettern. Oft gibt es dort auch private Security, da ist dann Verhandlungsgeschick gefragt. Aber ich verschaffe mir nie gewaltsam Zutritt, um keine unnötigen Hausfriedensbrüche einzugehen. Es geht um den Respekt vor den Objekten.


Fällt dir denn eine besonders aufregende Aktion ein?
Haker: Man spielt schon mal Katz und Maus mit den Sicherheitsdiensten.Von den ganz harten Aktionen bin ich bis jetzt aber verschont geblieben. Allerdings brach ein Freund von mir vor einiger Zeit durch den Boden und fiel neun Meter in die Tiefe. Dabei brach er sich den Halswirbel an und einen Teil des Beckens. Zum Glück waren wir in der Gruppe unterwegs und konnten dadurch Erste Hilfe leisten und die Rettung organisieren. Der Pechvogel hat sich glücklicherweise wieder erholt.


Wie ist denn das mit den Urheberrechten bei solch illegalen Aktionen?
Haker: Wo kein Kläger, da kein Richter.


Fotografierst du die Orte wie du sie vorfindest oder stellst du Objekte fürs Bildmotiv um?
Haker: Ich nehme schon mal einen Stuhl weg, wenn nötig, aber versuche eigentlich so wenig wie möglich zu arrangieren. Im Gegensatz zu mir gibt es jedoch Fotografen, die sehr viel arrangieren, Tische decken und Kleidung an Wände hängen. Was auch immer das soll?


Du kannst ja nicht all zu viel Equipment mit in die Anwesen nehmen, weil du meistens wohl nicht durch die Tür kommst. Wie entstehen denn diese speziellen Blickwinkel aus der Vogelperspektive?
Haker: Mein Equipment passt in meinen Fotorucksack, ansonsten habe ich nur ein Stativ mit. Leitern nehme ich nur im seltensten Fall mit. Manchmal findet man eine versteckte Leiter gleich vor Ort, wie in einem Schloss in Belgien. Um aus der Vogelperspektive zu fotografieren, klettere ich auf Brüstungen, stelle mich auf Stühle oder Schränke.


Wie lange braucht die Montage/Nachbearbeitung eines solchen Decay-Motivs?
Haker: Es ist stark abhängig von den örtlichen Lichtverhältnissen. An einem bewölkten Tag reichen drei Belichtungen. In einem ausgebrannten Raum, der stark verkohlt ist, können es bis zu 9 Belichtungen werden. Die Nachbearbeitung kann von 20 Minuten bis 15 Stunden variieren. Es kommt ganz auf das Motiv, die Lichtkontraste und die Belichtungsebenen an.


Wo kann man denn deine Bilder käuflich erwerben bzw. wo findet man deine Werke?
Haker: Man kann sie direkt bei mir bestellen. Darüber hinaus vertreibt International Graphics einen Teil meiner Bilder.