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Aquatinta-Technik im Tiefdruck

| 18.05.2015 | Drucktechnik | Keine Kommentare

Eine Möglichkeit der Flächengestaltung im künstlerischen Tiefdruck bietet die Aquatinta-Technik, bei der die Flächenätzung durch den Auftrag einer säurefesten Körnung auf die Metallplatte ermöglicht wird. Diese Technik ist nicht immer sicher anwendbar, auch wenn die alten Rezepte und Beschreibungen eingehalten werden. Da die alten Meister in ihren Beschreibungen Geheimnisse vorenthalten haben, ist die Aquatinta immer mit Erfahrung und vielen Versuchen verbunden.

Auftrag des Aquatinta Korns

Es gibt eine ganze Reihe von verschiedenen, überlieferten Methoden, wie das Korn auf die Druckplatte gebracht werden kann. Es werden allerdings nur einige genannt, da es sonst den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. So beschrieb Jean Baptiste Le Prince die Vorgehensweise, die gesamte Platte mit Ätzgrund zu versehen und später auf die flächig erscheinenden Stellen eine Flüssigkeit aufzutragen, die den Ätzgrund auflöst. Dies könnte z.B. Terpentinersatz sein. Eine genaue Bezeichnung fehlt in der Literatur. Die freigelegten Stellen werden mit einer Mischung aus Zucker und Seife mittels Tampon bedeckt, damit an diesem klebrigen Grund später das Korn haften kann. Anschließend wird mit einem feinen Sieb Harzstaub auf die Platte gebracht, sodass eine feine Staubschicht entsteht. Danach wird die Platte erwärmt, wobei das Harz angeschmolzen wird. Je nach Intensität der Erwärmung kann Einfluss auf die Körnung genommen werden. Eine höhere Temperatur erzeugt ein gröberes Korn, da die Harztropfen ineinander fließen. Die zwischen der Körnung frei gebliebenen Stellen, die das Metall nicht abdecken, kann später im Ätzbad die Säure angreifen und Vertiefungen erzeugen, die Farbe aufnehmen können.
Eine weitere Methode nach M. Stapart, baut auf der Verwendung von Meersalz auf. Dabei wird die gesamte Platte mit einer dickeren Schicht aus transparentem Ätzgrund versehen. Die Metallplatte wird erwärmt, damit die Abdeckschicht weich wird und somit aufnahmefähig für das Salzkorn wird. Das Salz wird durch ein Sieb auf die Oberfläche der Platte gestreut und die Salzkörnung sinkt durch die warme Ätzgrundschicht auf das Metall. Anschließend kommt die Platte in ein Wasserbad und die Salzkörnung wird aufgelöst. Dabei wird anstelle des Salzkorns das Metall freigelegt, wo genau an diesen Partien die Säure beim Ätzvorgang das Metall angreifen kann und für die Farbaufnahme die erforderlichen Vertiefungen erreicht werden.
aquatinta_01Eine wesentlich einfachere Methode als die bereits beschriebenen wurden, verwende ich selbst für die meisten Arbeiten. Dabei werden zuerst einige Stücke Kolophonium im Mörser zerkleinert, bis nur noch feiner Staub zurückbleibt. Dieser Staub wird in ein Taschentuch aus feinem Gewebe geschüttet, welches dann zugebunden wird. Die für den Ätzvorgang vorbereitete Metallplatte wird auf Zeitungspapier gelegt und von mehreren Ziegelsteinen oder Ähnlichen umgeben, damit die Umgebung nicht vollstaubt und so eine gleichmäßigere Bestäubung möglich ist. Die Platte wird mit dem vorher vorbereiteten Kolophonium bestäubt, indem mit einem Stab gegen den Staubbeutel geschlagen wird. Der Staubbeutel sollte dabei ca. 30 cm über der Platte gehalten werden und dabei so bewegt werden, dass der Staub sich gleichmäßig auf der Platte absetzt.
Da das gleichmäßige Bestäuben mit dem Staubbeutel sehr schwierig ist, gibt es noch eine wesentlich sicherere Methode, um das Korn gleichmäßig aufzutragen. Dafür muss die Platte in einen sogenannten Staubkasten gelegt werden. Zuvor wird der Staubkasten mit Staub aus Kolophonium, Asphalt oder einer Mischung aus beiden Stoffen befüllt. Durch Umdrehen und Schütteln des Kastens oder durch die Verwendung eines Blasebalgs, der in eine dafür vorgesehene Öffnung geschoben wird, kann der Staub aufgewirbelt werden. Nach einiger Zeit wird der Kasten geöffnet, die Platte kommt auf ein darin befindlichen Rost. Der Staubkasten sollte schnell wieder geschlossen werden, damit nicht all zu viel Staub nach außen gelangt. Während dieser Zeit setzt sich der aufgewirbelte Staub gleichmäßig auf der Platte ab. Je nachdem wie schnell die Platte nach dem Aufwirbeln des Staubes in den Kasten gelegt wird, desto gröber oder feiner wird das Korn. Die großen Staubteilchen fallen zuerst herunter, daher wird das Korn im Zeitverlauf immer feiner. Wie lange eine Platte im Staubkasten verbleiben muss, sollte im Versuch getestet werden. Auch die Dauer der Bestäubung wirkt sich auf die Grobheit des Korns aus. Die Platte darf nicht zu lange im Staubkasten verweilen, da sonst nicht mehr genügend Freiräume auf der Platte vorhanden sind, wo das Metall freiliegt und die Säure wirken kann. Daher können keine oder nicht genügend Vertiefungen geätzt werden, um eine flächenhafte Wirkung zu erzielen. Die Platte sollte nach dem Bestäuben sehr vorsichtig aus dem Kasten geholt werden. Jeder kleinste Windstoß könnte die Staubschicht beeinträchtigen. Die Staubkastenmethode erzeugt ein sehr gleichmäßiges Korn, was auch schnell langweilig wirken kann. Das sollte bei der Motivauswahl beachtet werden.

Aquatinta Korn anschmelzen

Ist die gesamte Plattenoberfläche mit einer Staubschicht bedeckt, kommt die bestäubte Platte auf eine Heizplatte. Die hohe Temperatur lässt das Harz allmählich schmelzen. Dies ist daran zu erkennen, dass die durch den Staub matt erscheinende Oberfläche der Platte glänzend wird. Dabei wird die Platte z.B. mit einer Messerklinge angehoben und auf der Heizplatte hin und her geschoben, bis das gesamte Kolophonium geschmolzen ist. Auch hier kann durch die Dauer der hohen Temperatureinwirkung die Grobheit des Korns beeinflusst werden. Die Harztropfen fließen zusammen und verbinden sich. Dieser Vorgang geschieht relativ schnell und um dies zu vermeiden, gehört schon Einiges an Erfahrung im Umgang mit dem Kolophonium.
Um die Fließeigenschaften des Kolophoniums bei hoher Temperatur zu verringern, kann dem Staub die doppelte Menge an Asphaltstaub hinzugegeben werden. Dadurch wird ein feines gleichmäßiges Korn erreicht, da Asphalt nicht fließt. Die Grobheit des Korns kann auch durch größere Staubteilchen vergrößert werden. Dabei wird ein Stück Kolophonium über eine Reibe gezogen, so, dass die Teilchen sich an den gewünschten Stellen ablagern.

Weiterverarbeitung der Druckplatte für den Tiefdruck

aquatinta_02Aquatinta_GraukeilNachdem das Korn entsprechend angeschmolzen wurde, können die Teile, die nicht geätzt werden sollen, vor dem Ätzvorgang mit flüssigem Ätzgrund oder mit Abdecklack abgedeckt werden. Um herauszufinden, wie lange die mit Korn bedeckte Platte in die Säure muss, damit der gewünschte Flächenton erzielt werden kann, sollte vorab eine Probeätzung unter gleichen Bedingungen stattfinden. Hierbei ist es sinnvoll, einen Graukeil anzufertigen, indem stufenweise, nach einer gewissen Ätzzeit, deutlich abgrenzend, Teile des Probestücks mit Ätzgrund versehen werden. Die Ätzzeiten werden notiert sowie die Temperatur des Ätzbades. Nur so lässt sich bei gleichbleibender Temperatur und gleichem Mischverhältnis des Ätzbades eine relativ genaue Ätzzeit für einen bestimmten Grauton ermitteln.
Die Reinigung der Platte nach dem Ätzvorgang geschieht mit Terpentinersatz zur Entfernung des Ätzgrundes auf beiden Seiten der Platte. Das Kolophonium lässt sich mit Alkohol oder Spiritus entfernen. Die Platte wird mit einem Lappen blank gewischt und kann anschließend für den Druck eingefärbt werden.

Es gibt eine Reihe von verschiedenen Methoden, wie die Fläche auf der gekörnten Platte herausgearbeitet werden kann. Es sind eigenständige Verfahren, die allerdings auf der Technik der Aquatinta basieren durch den Auftrag einer Körnung zur flächigen Gestaltung. Einige davon sollen in den nächsten Beiträgen vorgestellt werden.

Fotos in diesem Beitrag von Manfred Butzmann

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